Ausflugstipp: Durchquerung des Torrente de Pareis von Escorca nach Sa Calobra

Wer den Torrente de Pareis erkunden will, muss früh aufstehen, gut zu Fuß, bei solider Kondition und absolut schwindelfrei sein. Mut zu kleineren Kletterpartien sollte man auch mitbringen. Klingt im ersten Moment noch reichlich unsympathisch und alles andere als erholsam ? in Wirklichkeit verbirgt sich aber in den Tiefen der zerklüfteten Tramuntana mit das größte Naturschauspiel, das die Insel Mallorca zu bieten hat und das für jede Anstrengung entschädigt.

Über die Tour

Die Erosionsschlucht Torrente de Pareis ist nach der kretischen Samaria-Schlucht die zweitgrößte Schlucht am Mittelmeer. Einige hundert Meter hoch aufragende Felswände, urwüchsige Natur und totale Stille machen die Wanderung zu einem faszinierenden Erlebnis. Eine Wanderung im klassischen Sinne ist die Durchquerung aber nicht: So manches Mal müssen Felsen er- und umklettert werden, die aus der Gegenrichtung unpassierbar wären. Und wo´s gar nicht weiter geht, muss man eben mal auf dem Allerwertesten einen Stein hinabrutschen.

 

Alle Warnungen vor dem Torrente de Pareis sind ausnahmslos ernst zu nehmen. Jahr für Jahr kommen einige leichtsinnige Wanderer in der Schlucht um. Die Tour ist nur im Sommer bei stabilem, sonnigen Wetter möglich. Bei kleineren Regenfällen bereits verwandelt sich der Torrente in einen reißenden Gebirgsfluss. Die Felswände sind steil, stehen durchweg eng zusammen und bieten keine Simse oder Plateaus, um dem Wasser zu entkommen. Zudem ist schon nach wenigen Kilometern in der Schlucht der Rückweg abgeschnitten ? manche Felsformationen lassen sich nur in eine Richtung erwandern. Auch in den ersten Tagen nach Regenfällen sollte man die Tour noch nicht wagen, denn es könnte immer noch Wasser in der Schlucht stehen. Auf keinen Fall sollte man allein wandern ? Gruppen ab drei Personen sind ideal.

 

Es ist wichtig, möglichst früh aufzubrechen, um vor der großen Mittagshitze unten zu sein und ein ausreichendes Zeitpolster für die Rückfahrt zu haben. 7 Uhr in der Frühe vor Ort ? das ist die ideale, wenn auch für so Manchen eine noch nachtschlafene Zeit. Aber es lohnt sich!

Badesachen sollte man auf keinen Fall vergessen: Es gibt nicht Schöneres, als nach der Wanderung in das eiskalte, tiefblaue Wasser der Bucht Sa Calobra zu springen.

Überblick

Wanderung Escorca ? Torrent de Pareis ? Sa Calobra

Dauer: ca. 5 Stunden

Kleidung: unbedingt feste Wanderschuhe (auf keinen Fall Turnschuhe o.ä.); kurze, bequeme Kleidung, dazu einen Pulli für die schattigen Passagen (kann richtig kühl werden!); Kappe gegen die Sonne; Badesachen (evtl. auf´s Handtuch verzichten ? zu schwer!)

Gepäck: pro Person ca. 2 l Wasser, Proviant im Rucksack; insgesamt möglichst leicht halten

Anfahrt

Vom Kreisverkehr in Pollenca geht es zunächst auf der C710 rauf in Richtung Kloster Lluc. Abzweigung zum Kloster rechts liegen lassen, weiter auf der C710. Kurz darauf, an einer kleinen Kreuzung, nach rechts der C710 weiter in Richtung Sóller folgen. Nach wenigen Kilometern erreicht man das (kaum erkennbare) Dörfchen Escorca ? links, direkt an der Straße, liegt das Restaurant, rechts ein größerer Parkplatz. Hier das Auto abstellen.

Beginn der Wanderung

Der Einstieg zur Tour ist am Ende des Parkplatzes in Fahrtrichtung Sóller. Neben der Leitplanke führt ein Weg runter zu einem offenen Tor. Ein Schild verweist hier noch einmal auf die Gefahren der Wanderung und zeigt einen groben Streckenplan. Dann geht es einen Pfad hinab zu einer Steinmauer, der man in einem Bogen nach rechts parallel folgt. Grüne Pfeile o.ä. Markierungen (Steinhaufen, rote Punkte?) weisen den Weg. Wenig später trifft die Mauer auf eine weitere, von rechts oben kommende Mauer. Durch eine Lücke geht man hindurch, folgt also im Prinzip weiter der ersten Mauer. Ein Stück weiter entfernt sich der Pfad bei einem kleinen Steinhäufchen nach rechts von der Mauer und führt auf einen kaum zehn Meter entfernten, schmalen und steinigen Weg zu, an dem man sich links hält. Etwa 200 Meter weiter steht vor einem besonders buschigen Olivenbaum eine weitere Steinpyramide. Hier muss man scharf nach links abbiegen, dem grünen Pfeil folgen (hier gut aufpassen, knifflige Stelle ? hier haben wir uns kurz verlaufen!).Nach weiteren 30 Metern markiert ein weiterer Steinhaufen an einer Steilkante den Beginn des Abstiegs. In der Nähe findet sich in einer Felswand ein großes, von Wind und Wetter herausgefressenes Loch ? ein schönes Fotomotiv. Von hier ab sieht man unten im Tal, wie in die Felsen hineingeschnitten, die Einmündung der Schlucht.

Nun geht es in zahllosen Serpentinen auf einem kleinen Pfad, später auch durch einiges Gestrüpp, Büsche und Olivenbäume, bergab. Manches mal gibt es mehrere Möglichkeiten und Wege, letztendlich führen jedoch alle nach unten. Nach gut einer Stunde geht es unter einem Feigenbaum hindurch und dann über einige Felsen, bevor man im Geröll des Bachbetts angekommen ist. Hier beginnt nun das eigentliche Abenteuer.

In der Schlucht

Anfangs geht es, zwischen Felsen und von Wassermassen glattgewaschenen Steinen, noch zügig voran. Nach ca. 20 Min. muss ein Steilabsturz links durch das Gestrüpp rechts umklettert werden. Bald darauf ist die beeindruckende Kreuzung von zwei Schluchten erreicht: An dieser, S´Entreforc genannte Stelle treffen sich die Torrent de Lluc (rechts) und die düstere Schlucht Sa Fosca (links) und werden zum Torrent de Pareis. Auch hier muss eine Steilstelle durch das wilde Grün rechts oberhalb umklettert werden. Für den Rest der Strecke lassen sich kaum Hinweise geben: Man muss sich seinen Weg durch die mächtige Steinwüste schon selber suchen. Aber generell gilt: Auf Steinmännchen, kleine Pyramiden, Pfeile oder Punkte achten ? sie weisen an kniffligen Stellen den richtigen Weg und auf Umgehungen durch das seitliche Gebüsch. Manchmal helfen Einkerbungen in den Steinen bei Abstiegen, manchmal muss man auf dem Hosenboden abrutschen, springen oder sich durch Engstellen zwängen (Vorsicht!).

Kurz nach einer Umgehung auf der linken Seite trifft man rechts auf eine große, höhlenartige Öffnung. Hier hat man etwas mehr als die Hälfte des Weges geschafft. Ein idealer Platz für eine Pause! Es lohnt sich, in der Öffnung mal ein paar Meter hinauf zu gehen: Hier gibt es einige kleine, aber sehenswerte Tropfsteine. Der Rest des Weges ist eher einfach, an einer Stelle muss man jedoch ein am Felsen angebrachtes Seil zur Hilfe nehmen.

Das Finale

Nun weitet sich der Canyon deutlich, die Wände rücken auseinander, die Sonne trifft die breiter werdende Schotterfläche voll. Noch einmal gilt es, einen großen Teich und darin liegende Felsen rechts zu umklettern (unter einem Felsen muss man herkrabbeln). Einige hundert Meter noch, dann hat die Ruhe der letzten Stunden ein Ende: Die Touristenhorden signalisieren, dass man die Bucht Sa Calobra erreicht hat. Wenig später sieht man dann auch das Meer. Jetzt tut ein Bad richtig gut! Aber Vorsicht: Das Wasser ist hier auch im Hochsommer richtig kalt!

Zurück nach Escorca

Den Menschenmengen folgend, geht es durch einige Tunnel in den kleinen Ort von Sa Calobra. Für den Rückweg gibt es zwei Möglichkeiten: Um 15 Uhr fährt (aber nur in der Saison!) der letzte (!) Linienbus Richtung Can Picafort ? er kommt auch an Escorca vorbei (unbedingt dem Fahrer sagen, dass man hier aussteigen will). Ansonsten hat sich Trampen sehr bewährt: Eines der vielen hundert Mietautos nimmt einen immer mit nach oben, entlang der kurvenreichen Panoramastraße mit dem Nus de Sa Corbata. Oben, an der Kreuzung mit dem Viadukt, geht es dann links zurück Richtung Lluc und Escorca.

Wer nicht wandern will

Als Alternative bietet sich eine kurze Tour durch das Maul der Schlucht, von Sa Calobra aus, an. Einige Kilometer kann man wohl zwischen den aufragenden Felswänden bergan gehen, spätestens bei den ersten tiefen Teichen und den sich auftürmenden Steinbergen ist aber Schluss: Sie sind ohne Kletterausrüstung nur von der anderen Seite zu überwinden. Einen Eindruck von der einzigartigen Landschaft erhält man aber doch.

 

Jan Kittel

 

(ein Teil der Wegbeschreibung mit Hilfe von: Thomas Schröder, Mallorca. Erlangen: Michael Müller Verlag, 1999. Überhaupt kann dieses Buch sehr empfohlen werden!)